In Chips von Intel klaffen laut einem Bericht des renommierten Computermagazins "c't" neue gravierende Sicherheitslücken. Fünf Monate nach Bekanntwerden der schwerwiegenden Schwachstellen "Spectre" und "Meltdown" hätten Forscher acht neue Sicherheitslücken in Intel-Prozessoren gefunden, berichtet das Magazin am Donnerstag. Intel halte die Informationen zur neuen Generation der "Spectre"-Schwachstellen allerdings noch geheim.
"Meltdown" und "Spectre"hebeln Sicherheitsmechanismen aus, die verhindern sollen, dass Programme beliebig Daten aus dem Speicher eines Computers abrufen können. Ist die Sicherung ausgetrickst, kann entsprechende Software auf eigentlich geschützte Speicherbereiche anderer Programme oder des Betriebssystems zugreifen und so zum Beispiel Passwörter und Krypto-Schlüssel auslesen. Für die Schwachstelle "Meltdown", so heißt es von Experten, sei so gut wie jeder Intel-Chip seit 1995 anfällig, wahrscheinlich auch die Prozessoren von der Hersteller AMD und ARM. Für "Spectre" seien nahezu alle Endgeräte anfällig, auch Rechner, Smartphones oder Cloud-Server, egal welches Betriebssystem darauf läuft.
Ob die Chips auch in Fahrzeugen eingesetzt werden oder wurden, dazu wollte sich Intel auf Nachfrage der Automobilwoche nicht äußern. Intel entwickelt jedoch auch Chips für Fahrzeuge und arbeitet gemeinsam mit BMW und Mobileye an Soft- und Hardware für selbstfahrende Autos. Darüber hinaus sind auch Intel-Chips auch zur Betreibung von Telematik- und Infotainment-Systemen genutzt. Inwiefern hier "Meltdown" und "Spectre" eine Rolle spielen, ist derzeit unklar.
Nach Einschätzung von "c't" zufolge sind die neuen Angriffsszenarien ähnlich einzustufen wie bei den Lücken, die im Januar ans Licht kamen. "Eine der neuen Lücken vereinfacht jedoch Angriffe über Systemgrenzen hinweg so stark, dass wir das Bedrohungspotenzial deutlich höher einstufen als bei Spectre."
Besonders betroffen seien Anbieter von Cloud-Diensten wie Amazon oder Cloudflare und natürlich deren Kunden, erklärte Jürgen Schmidt, Sicherheitsexperte bei der "c't". "Passwörter für sichere Datenübertragung sind sehr begehrte Ziele und durch diese neuen Lücken akut gefährdet."
Die konkrete Gefahr für Privatleute und Firmen-PCs sei hingegen eher gering, weil es dort in aller Regel andere, einfacher auszunutzende Schwachstellen gebe. "Auch wenn es keinen Grund zur Panik gibt, muss man die neuen Sicherheitslücken ernst nehmen."
Wann die ersten Fehlerbereinigungen (sogenante "Patches") für die neuen Spectre-Lücken kommen, ist bislang nicht klar. "Anscheinend plant Intel zwei Patch-Wellen", sagte Schmidt. "Eine erste soll bereits im Mai anrollen; eine zweite ist für August angedacht." Vier der neuen Sicherheitslücken stufe Intel selbst mit einem hohen Risiko ein, die Gefahr der anderen vier werde mit "mittel" bewertet.
Insgesamt zeigten die neuen Lücken, dass "Spectre" und "Meltdown" keine einmaligen Ausrutscher gewesen seien, die man mit ein paar Flicken nachhaltig stopfen könne. "Eine niemals endende Patch-Flut ist aber keine akzeptable Lösung dafür, dass Intel vor zwanzig Jahren Performance-Optimierungen ohne ausreichendes Sicherheitskonzept umgesetzt hat", sagte Experte Schmidt. Er forderte, dass das CPU-Design grundsätzlich überdacht werden müsse, um eine stabile IT-Infrastruktur zu haben. (av/dpa)
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