Daimler-Chef Ola Källenius legt seine erste Jahresbilanz in stürmischen Zeiten vor. Der seit Mai amtierende Schwede wird beim schwäbischen Traditionskonzern den zweiten Gewinneinbruch nacheinander vermelden müssen, wahrscheinlich müssen die Aktionäre wieder eine gekürzte Dividende hinnehmen. Damit Daimler wieder in die Spur findet, hat Källenius schon ein Sparprogramm mit mehr als 10.000 Stellenstreichungen verkündet. Ob das reicht, wird sich womöglich an diesem Dienstag (11. Februar) zeigen.
Nach Gewinneinbruch droht noch mehr Stellenabbau
Schon im Januar öffnete der Auto- und Lkw-Bauer die Bücher und präsentierte ernüchternde Eckdaten:Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern fällt mit 5,6 Milliarden Euro nur noch knapp halb so hoch aus wie im Vorjahr - und eine weitere Belastung aus der Dieselaffäre mit voraussichtlich 1,1 bis 1,5 Milliarden Euro ist da noch nicht einmal enthalten. Da in der schwächelnden Van-Sparte die ohnehin schwachen Renditeprognosen nicht mehr zu halten sind, handelte es sich um die dritte Gewinnwarnung von Källenius in seiner Amtszeit.
Der Schwede hat sich wohl einen besseren Start gewünscht, doch kurzfristig ist kaum mit Besserung zu rechnen. Auch weil das Umsteuern hin zu Elektroantrieben viel Geld kostet, dürfte die Umsatzrendite von Pkw und Vans den Planungen zufolge auch in diesem Jahr nur magere 4 Prozent übersteigen und erst 2022 über 6 Prozent liegen. Källenius will die jährlichen Personalkosten um 1,4 Milliarden Euro senken, dem dürften nach früheren Angaben eine kleine fünfstellige Zahl an Stellen zum Opfer fallen.
Statt der bisher kolportierten mehr als 10.000 Stellen könnten es weltweit auch bis zu 15.000 Jobs sein, berichtete das Handelsblatt zum Wochenauftakt. Källenius sieht sich neuen Schwierigkeiten gegenüber, neben der schwächelnden Pkw-Sparte fällt dem Konzern nun auch die Flaute auf den europäischen und nordamerikanischen Lkw-Märkten auf die Füße. Auch das gemeinsam mit BMW betriebene Geschäft mit Mobilitätsdiensten fährt weiter Verluste ein.
Mit den zusätzlichen Belastungen für die Profitabilität könnte die Dividendenkürzung noch deutlicher ausfallen als befürchtet, schrieb Experte Marc-Rene Tonn von Warburg Research nach der jüngsten Gewinnwarnung. Der Analyst rechnet nach 3,25 Euro im Vorjahr nun mit einer Ausschüttung von nur noch 1,00 Euro je Aktie.
Die von Bloomberg befragten 15 Branchenexperten rechnen im Schnitt mit 1,28 Euro. Daimler orientiert sich bei der Dividende hauptsächlich an dem auf die Aktionäre entfallenden Konzerngewinn, von dem 40 Prozent ausgeschüttet werden sollen. Diesen veranschlagen die Analysten im Stimmungsbild durchschnittlich bei 2,7 Milliarden Euro und damit rund 65 Prozent unter dem Vorjahresgewinn von 7,6 Milliarden.
Commerzbank-Experte Demian Flowers errechnet auf Basis seiner Schätzung für den Gewinn nur 89 Cent Dividende. Das sei aber wohl nur im schlimmsten Fall zu erwarten. Er gehe davon aus, dass das Management über die angestrebte Ausschüttungsquote in diesem Jahr hinwegsehe und mehr ausschütten dürfte.
Wie hoch genau die Ausschüttung ausfällt, könnte auch vom freien Mittelzufluss im vierten Quartal abhängen. Aus dem Industriegeschäft wollte Daimler-Finanzchef Harald Wilhelm auf Jahressicht zuletzt noch einen positiven Zufluss erreichen - in den ersten neun Monaten flossen insgesamt 522 Millionen Euro ab. Daimler hatte dabei im dritten Quartal viel Boden gutmachen können.
Wieder aufwärts gehen sollte es im laufenden Jahr immerhin wieder: Die Experten rechnen mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern von knapp 8 Milliarden Euro. Warburg-Analyst Tonn gibt allerdings zu bedenken, dass behördliche und gerichtliche Verfahren um Dieselfahrzeuge weiter belasten könnten.
Die Daimler-Aktie stellt ihre Anteilseigner weiter auf die Probe. Sah es im vergangenen Jahr zweimal danach aus, als könnte sich das Papier von der mauen Entwicklung etwas lösen, zog es den Titel im Nachgang immer wieder nach unten. Stand die Daimler-Aktie im Januar 2018 bei über 76 Euro, ist sie heute nur noch gut 43 Euro wert.
Rund um die Amtsübernahme von Källenius im Mai und vor seiner Strategiepräsentation mit mittelfristigen Zielen im November keimte etwas Optimismus auf. Doch auch der Ausflug über 54 Euro im November erwies sich als kurzes Strohfeuer.
Seit Anfang 2018 hat Daimler fast 40 Prozent an Wert verloren. Konkurrent BMW steht in diesem Zeitraum mit rund einem Viertel Minus etwas besser da und hat sich in etwa wie der europäische Branchenindex entwickelt.
Wie die Zahlen der Sparten für das vergangene Jahr aussehen, hat Daimler im wesentlichen schon verraten. Ob die Pkw-Sparte Mercedes-Benz inklusive neuer Diesellasten noch genauso unter den Prognosekorridor fällt wie die Vans-Sparte, das muss sich noch zeigen.
Källenius hat aber schon vorsichtige Renditeziele für die Sparten in diesem Jahr vorgelegt. So dürften Pkw und Vans bezogen auf das Betriebsergebnis über 4 Prozent Umsatzrendite liegen, die ebenfalls wichtigen Lkws und Busse immerhin über 5 Prozent. Offen ist noch die Maßgabe beim Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern. (dpa-AFX/gem)
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