DAS IST LOS BEI BMW:
Weil die EU-Kommission bei den deutschen Autobauern von unerlaubten Absprachen rund um ihrer Systeme für die Abgasnachbehandlung ausgeht, sah sich BMW Anfang April gezwungen, eine Rückstellung über voraussichtlich mehr als eine Milliarde Euro für eine drohende Kartellstrafe zu bilden.
Die vom Kapitalmarkt bereits als enttäuschend aufgenommene Prognose für die Ergebnismarge in der Autosparte musste der Konzern daraufhin noch einmal nach unten korrigieren.
BMW hat insgesamt über alle drei Marken BMW, Mini und Rolls-Royce im ersten Quartal gut 605.000 Autos abgesetzt, das sind 0,1 Prozent mehr als vor einem Jahr. Den Verkauf von Wagen der Hausmarke BMW steigerten die Münchner um 0,4 Prozent.
Das gilt allerdings inklusive des chinesischen Joint Ventures, das nicht in Umsatz und operatives Ergebnis des Konzerns einfließt, sondern in das Beteiligungsergebnis. Der Verkauf von Premiumautos läuft in China weiter rund - trotz der Marktschwäche in dem Land. Ohne China steht bei BMW aber ein Absatzminus zu Buche.
Weitere Details könnten sich die Anleger vom laufenden Sparprogramm bei BMW erhoffen. Weil die hohen Kosten für neue Modelle und Technik sowie Elektroantriebe schwer auf der Bilanz lasten, will BMW in den kommenden vier Jahren zusammengenommen 12 Milliarden Euro sparen. Dazu will das Unternehmen wenig gefragte Modell- und Motorvarianten konsequent aus dem Angebot streichen, die Fahrzeugentwicklung stärker digitalisieren und den Vertrieb straffen.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Für die Analysten ist noch weitgehend unklar, wie hoch die Rückstellung für eine mögliche Kartellstrafe ausfällt. Michael Raab vom Analysehaus Kepler Cheuvreux bezeichnete die Kommunikation des Konzerns rund um das Thema als "unscharf" und kalkuliert anhand der neuen Margenprognose eine Belastung von rund 1,65 Milliarden Euro ein. Christian Ludwig vom Bankhaus Lampe geht von ebenfalls hohen 1,5 Milliarden Euro aus, HSBC-Experte Horst Schneider liegt bei 1,1 Milliarden Euro.
Am Ende könnte die Höhe darüber entscheiden, ob BMW mit der Autosparte überhaupt noch Geld verdient hat. Im Kerngeschäft rechnen die Analysten im Schnitt mit einer auf nur noch 5,8 Prozent gesunkenen Marge - vor den Sonderbelastungen. Ein Jahr zuvor war die Umsatzrendite auf ungewöhnlich starke 9,7 Prozent angeschwollen.
Aus den 1,88 Milliarden operatives Ergebnis vor einem Jahr könnten bei wie erwartet sinkendem Umsatz und schwächerer Marge so wenig übrig bleiben, dass das Autogeschäft laut Lampe-Analyst Ludwig nach Abzug der Kartellvorsorge deutlich in die roten Zahlen gerutscht ist. Auch für Schneider von HSBC liegt BMW diesmal an der Verlustschwelle.
Auch auf Konzernebene wird es beim operativen Ergebnis eng. Die fünf von dpa-AFX bis Montag befragten Analysten gehen im Schnitt von einem bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 1,74 Milliarden Euro aus. Beim berichteten operativen Ergebnis dürften damit inklusive der Kartellrücklage höchstens rund 700 Millionen Euro stehen. Unter dem Strich könnte es ebenfalls einen Verlust gegeben haben, wenn es nach Experte Ludwig vom Bankhaus Lampe geht. Beim Umsatz schätzen die Experten im Schnitt einen Rückgang von 3 Prozent auf 22 Milliarden Euro.
DAMIT RECHNET DER KONZERN:
BMW geht in der Autosparte nach der Rückstellung für die drohende EU-Kartellstrafe derzeit von schlimmstenfalls 4,5 Prozent Marge aus, im besten Fall von 7 Prozent. Die Prognosebandbreite könnte BMW mit den genauen Zahlen noch präzisieren. Auch ohne Kartellkosten treffen den Hersteller dieses Jahr höhere Ausgaben für die Reduktion von klimaschädlichen CO2-Emissionen, auch Währungseffekte und Rohstoffpreise sollen das Ergebnis spürbar belasten.
Das Vorsteuerergebnis dürfte deutlich unter dem Vorjahresergebnis von 9,8 Milliarden Euro liegen, weil auch das Finanzergebnis zurückgehen soll. "Deutlich" heißt bei BMW mehr als zehn Prozent Rückgang. Damit dürften vor Steuern weniger als 8,9 Milliarden Euro Gewinn übrig bleiben. Beim Absatz in der Autosparte sollte es aber ein leichtes Plus geben.
SO LIEF DIE AKTIE ZULETZT:
Die BMW-Stämme haben sich seit Jahresbeginn deutlich weniger gut vom Kursverlust des vergangenen Jahres erholt als andere Autotitel. Aktuell stehen bei knapp 73 Euro in diesem Jahr noch rund 3 Prozent Plus zu Buche. Der europäische Branchenindex von Herstellern und Zulieferern liegt zum Beispiel mit fast 17 Prozent im Plus, Daimler hat sogar um gut 23 Prozent zugelegt. Im Frühjahr 2018 war hatte die BMW-Stammaktie in der Spitze noch 97,50 Euro gekostet. (dpa)
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