Wolfsburg. Auf der Betriebsversammlung von Volkswagen in Wolfsburg ging es hoch her. Markenchef Herbert Diess hat hat vorgeschlagen, die wöchentliche Arbeitszeit Tausender Fachkräfte um 14 Prozent zu erhöhen. Für die Mitarbeiter der Technischen Entwicklung gilt bisher meistens eine 35-Stunden-Woche, Diess schlägt nun 40 Stunden vor.
Nähere Einzelheiten zu dem Vorschlag sind nicht bekannt, da die Betriebsversammlung nicht öffentlich war. Offen ist deshalb, ob Diess eine Forderung gestellt oder eine Möglichkeit ins Spiel gebracht hat und ab wann die neue Arbeitszeit gelten soll. Der VW-Haustarifvertrag läuft noch ein Jahr und der Betriebsrat schien zuletzt nicht geneigt, ihn zu verändern. Aus Teilnehmerkreisen hieß es, es sei selbstverständlich, dass die Aufstockung der Arbeitszeit eine entsprechende Gehaltserhöhung nach sich ziehe. Am Abend sagte Betriebsratschef Bernd Osterloh: "Wir haben heute schon die Möglichkeit, über Mehrarbeit oder den Arbeitszeitfixpunkt flexibel zu reagieren. Ich verstehe die Diskussion gar nicht."
Der DPA zufolge hat Diess seine Anregung nicht als Forderung gemeint. Es gehe ihm lediglich darum, die Mehrarbeit aufzufangen, die aufgrund der Folgen des Abgas-Skandals anfällt. Derzeit müssen für zahlreiche Motor-Getriebe-Kombinationen technische Lösungen entwickelt werden, um die Abgaswerte auf gesetzeskonforme Werte zu drücken - und zwar ohne die Leistung zu mindern oder den Verbrauch zu erhöhen. Hunderte von Software-Updates müssen geschrieben werden. Die dafür benötigte Zeit fehlt natürlich bei der Arbeit an neuen Modellen und Antrieben. Der Vorstoß von Diess sei daher als Wertschätzung für die Arbeit der Ingenieure zu verstehen.
Allein in Wolfsburg arbeiten momentan mehr als 9300 Menschen im Bereich Tehnische Entwicklung. VW zufolge handelt es sich um einen der weltweit größten Entwicklungsstandorte der Autoindustrie. "Bild.de" berichtet, dass die mehr als 20.000 anwesenden VW-Mitarbeiter die Rede von Diess vereinzelt mit Pfiffen und Buh-Rufen unterbrachen. Ein Teilnehmer sagte später: "Es war ein bisschen wie beim Arzt, wenn man als Patient merkt, dass jetzt Befürchtungen zu einer Diagnose werden könnten."