Beschäftigte in Krisenbranchen sollen leichter verlängertes Kurzarbeitergeld erhalten können. Darauf verständigten sich die Spitzen der großen Koalition von CDU, CSU und SPD in der Nacht zu Donnerstag in Berlin. Der Koalitionsausschuss will mit den Änderungen beim Kurzarbeitergeld auf abflauende Konjunktur und tiefgreifende Umwälzungen in der Arbeitswelt reagieren. Hier haben sie besonders die angeschlagene Autoindustrie einschließlich Zulieferern im Blick.
Längeres Kurzarbeitergeld soll grundsätzlich mit Weiterqualifizierung verknüpft werden. So sollen Voraussetzungen geschaffen werden, dass von Jobverlust bedrohte Beschäftigte in andere Branchen und Betriebe wechseln können. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erläuterte, die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von 12 auf 24 Monate sei heute nur bei einer Störung auf dem gesamten Arbeitsmarkt möglich. "Die haben wir nicht", sagte er. "Es gibt keine Rezession." Aber Teilstörungen des Arbeitsmarkts entwickelten sich bereits. Der Strukturwandel hinterlasse regional schon sehr deutliche Spuren.
Die Beschlüsse im Detail:
KURZARBEIT: Der Einsatz von Kurzarbeitergeld in Industriebranchen mit schweren Strukturproblemen soll einfacher werden. Unter anderem soll die Bundesregierung es dann auf 24 Monate verlängern können. Allerdings soll während der Kurzarbeit eine berufliche Weiterbildung erfolgen. Unter dieser Bedingung können auch Sozialversicherungsbeiträge hälftig übernommen werden. Mit der Leistung ersetzt der Staat 60 Prozent des entgangenen Lohnes bei Kurzarbeit.
WEITERBILDUNG: Berufliche Weiterbildungen sollen stärker gefördert werden. Wenn Beschäftigte ihren Job verlieren, in einer Transfergesellschaft aufgefangen werden und dort Kurzarbeitergeld bekommen, sollen Weiterbildungskosten in kleinen Unternehmen bis 250 Beschäftigte künftig zu 75 Prozent durch die Bundesagentur für Arbeit übernommen werden. Weiterbildungen, die beim Übergang in einen neuen Job helfen, sollen unabhängig vom Alter und der bisherigen Qualifikation der Beschäftigten gefördert werden. Wenn ein Betrieb mindestens ein Fünftel seiner Beschäftigten umfassend weiterbilden muss, soll sich die Arbeitsagentur stärker an Lehrgangskosten beteiligen als bisher.
ARBEITSLOSIGKEIT: Künftig soll man sich elektronisch als arbeitsuchend oder arbeitslos melden können. Die Beratung der Arbeitsagentur soll auch per Videochat möglich sein.
INNOVATIONEN: Bestehende Maßnahmen zur Förderung von Innovationen und technologischer Entwicklung sollen gebündelt und dadurch einfacher zugänglich werden. Vor allem mittelständische Unternehmen sollen digitale Technik besser steuerlich abschreiben können, damit sie Anreize für Investitionen haben und beim schnellen technischen Wandel mitkommen.
Im Bundeshaushalt gibt es Spielraum, denn im vergangenen Jahr wurde ein Rekordüberschuss erzielt: Gestützt von niedrigen Zinsen gab es nicht nur 13,5 Milliarden Euro mehr Einnahmen als Ausgaben. Weil die sogenannte Asyl-Rücklage nicht angezapft wurde, stehen sogar 17 Milliarden Euro zur Verfügung.