LAGE DES UNTERNEHMENS:
Für Infineon gab es zuletzt Grund zur Freude. Mitte Oktober kam grünes Licht aus Brüssel für die geplante Übernahme des US-Konkurrenten Cypress durch den Halbleiterspezialisten aus Neubiberg bei München. Die Entscheidung der EU-Wettbewerbskommission gibt dem Chiphersteller weiteren Grund zur Zuversicht, dass die mit 9 Milliarden Euro größte Übernahme der Unternehmensgeschichte gelingt.
Sie soll die Basis für eine erfolgreiche Zukunft des Dax-Konzerns legen, der zuletzt die maue Autokonjunktur zu spüren bekam. Immer mehr Chips und Sensoren werden in Fahrzeugen verbaut, Infineon macht mit der Autoindustrie den Löwenanteil seines Geschäfts. Doch gerade in dieser Sparte ist das Wachstum deutlich zurückgegangen, von den Auswirkungen des Handelskriegs kann sich der Chiphersteller nicht freimachen. Auch die sich insgesamt eintrübende chinesische Wirtschaft belastet Infineon.
Das Management um Infineon-Chef Reinhard Ploss will den Cypress-Deal, der zum Teil über eine bereits erfolgte Kapitalerhöhung gestemmt werden soll, bis Anfang 2020 abgeschlossen haben. Was noch fehlt, ist die Zustimmung der US-Wettbewerbsbehörden. Am Veto der Kartellwächter in den USA war allerdings in der Vergangenheit die Übernahme des US-Halbleiterspezialisten Wolfspeed gescheitert. Ploss glaubt ungeachtet dessen fest daran, dass es diesmal keine Stolpersteine geben wird.
Sollte alles glatt gehen, will Infineon in die weltweiten Top Ten der Halbleiterhersteller aufsteigen und die Nummer eins bei Chips für die Autoindustrie werden. Konzernchef Ploss ist ohnehin überzeugt von den langfristigen Wachstumsaussichten. Auch wenn er einräumte, dass die Marktbedingungen für die volatile Halbleiterbranche derzeit schwieriger sind und sich auch Infineon den aktuellen Problemen nicht entziehen kann.
Ausdruck dessen war eine gekappte Jahresprognose, die im Frühjahr die Anleger geschockt hatte. Das soll sich nicht wiederholen. Stattdessen will der Chipkonzern mittelfristig wieder zum dauerhaft hohen Wachstum aus vergangenen Zeiten zurückkehren.
DAS ERWARTEN ANALYSTEN:
Für das vierte Quartal rechnen Experten laut von Infineon veröffentlichten Daten im Schnitt mit Erlösen von 2,04 Milliarden Euro und damit in etwa auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Beim operativen Ergebnis (Segmentergebnis) erwarten sie 294 Millionen Euro, nach 400 Millionen Euro ein Jahr zuvor - und damit einen deutlichen Rückgang.
Mit Blick auf das kürzlich zu Ende gegangene Geschäftsjahr gehen die Analysten von einem Umsatz von 8 Milliarden Euro aus, nachdem im Vorjahr Erlöse in Höhe von 7,6 Milliarden Euro zu Buche standen. Das operative Ergebnis dürfte aus Expertensicht bei 1,3 Milliarden Euro liegen.
Beim Blick in die Zukunft erachtet etwa Analyst Holger Schmidt vom Bankhaus Metzler die Markterwartungen für das Geschäftsjahr 2020 als übermäßig optimistisch. Infineon hänge sehr stark von den Endkundenmärkten in der Industrie und im Automobilbau ab. Und für beide gebe es derzeit keine Hinweise für einen richtigen Aufschwung, zumindest nicht in den nächsten zwei Quartalen.
Auch Experte Alexander Duval von der US-Investmentbank Goldman Sachs geht davon aus, dass die anhaltend schwache Verfassung der Autoindustrie Infineon stärker belasten dürfte als bislang erwartet. Stephane Houri von der Investmentbank Oddo BHF verweist derweil darauf, dass die Erwartungen des Marktes angesichts der kürzlich in einer Telefonkonferenz geäußerten Einschätzungen des Managements zum weltweiten Automarkt für das kommende Jahr zu hoch seien.
DAS ERWARTET INFINEON:
Für das vierte Quartal erwartet der Chiphersteller einen Umsatzanstieg von 1 Prozent mit einer Spanne von plus oder minus zwei Prozentpunkten im Vergleich zum Vorquartal. Der Umsatz könnte demnach um bis zu drei Prozent steigen, er könnte aber auch um ein Prozent zurückgehen. Nach 2,015 Milliarden Euro im dritten Geschäftsquartal entspricht das etwa 1,99 bis rund 2,06 Milliarden Euro. In der Mitte der Umsatzspanne werde die Segmentergebnismarge etwa 14,5 Prozent betragen, nachdem im vierten Quartal 2018 noch 19,5 Prozent zu Buche gestanden hatten.
Für das Geschäftsjahr erwartet Infineon wie die Analysten einen Umsatz von 8 Milliarden Euro. Bei der operativen Marge (Segmentergebnismarge) geht der Konzern von 16 Prozent aus, nach 17,8 Prozent im Vorjahr. Das operative Ergebnis dürfte damit von 1,35 auf 1,28 Milliarden Euro sinken.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Nachdem die Papiere zum Jahresbeginn deutlich zugelegt und Mitte April bis auf mehr als 21,50 Euro gestiegen waren, gerieten die Papiere infolge der Ankündigung der Cypress-Übernahme sowie wegen des schwierigen Wirtschaftsumfeldes unter Druck. Mitte Juni fiel der Kurs dann auf das Jahrestief unter 13,50 Euro. Seither haben sich die Papiere aber dank der Hoffnung auf eine Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und China - und damit gemilderte Konjunktursorgen - schon wieder um rund 40 Prozent erholt.
Unter dem Strich hat die Infineon-Aktie seit Jahresbeginn rund 8 Prozent an Wert gewonnen. Damit liegt sie im unteren Drittel der Dax-Titel. Der Leitindex hat im selben Zeitraum um knapp ein Viertel zugelegt. In den zurückliegenden 12 Monaten hat der Chiphersteller ein Plus von rund 6,5 Prozent eingefahren. Das Mehrjahreshoch von 25,76 Euro von Mitte Juni 2018 ist momentan fast 7 Euro entfernt, das durchschnittliche Kursziel der Analysten von 20,51 Euro liegt immerhin in Reichweite. Zuletzt kostete die Aktie rund 18,5 Euro.
Von den insgesamt 20 im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten empfehlen 13 die Aktie zum Kauf. Fünf raten zum Halten. Mit den Analysten der britischen Investmentbank Barclays und vom Bankhaus Metzler sprechen sich zwei Experten dafür aus, sich von den Anteilsscheinen zu trennen. (dpa)
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