Der jahrelange Stellenboom in Deutschland scheint vorerst gestoppt. Zum zweiten Mal in Folge hat sich die Nachfrage nach Arbeitskräften stärker abgeschwächt, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag in Nürnberg. Sie beruft sich dabei auf ihren Stellenindex BA-X für Mai. Allerdings bewege sich die Zahl offener Stellen weiterhin auf hohem Niveau, werde aber schwächer, betont die Nürnberger Bundesbehörde.
Der entsprechende Wert, den BA-Experten allmonatlich auf Basis der gemeldeten offenen Jobs berechnen, sank im Mai von 251 auf 248 Punkte. Im Vergleich zum Vorjahr ging der Wert um 6 Punkte zurück.
Zum Höhepunkt des Stellenbooms im September 2018 hatte der der BA-X noch bei 256 Punkten gelegen. Als Grund für die Abschwächung sehen Arbeitsmarktforscher die schwächere Konjunktur.
Als vergleichsweise immun gegenüber der Konjunkturschwäche zeigt sich das Gesundheits- und Sozialwesen. Auch in der Baubranche gebe es nach wie vor viele freie Stellen. Rückläufig seien dagegen die Stellenmeldungen im Verarbeitenden Gewerbe und in der Verkehr- und Logistikbranche.
Auch Zeitarbeitsunternehmen hätten nicht mehr so viele offene Stellen wie noch vor ein paar Monaten. Die absolute Zahl der freien Jobs will die Bundesagentur erst zusammen mit den Mai-Arbeitslosenzahlen an diesem Mittwoch (29. Mai) veröffentlichen.
Nach Expertenprognosen ist die Zahl der Jobsucher im Mai um rund 65.000 auf 2,164 Millionen gesunken. Das wären rund 150.000 weniger als vor einem Jahr. Einige der von dpa befragten Volkswirte deutscher Großbanken gehen sogar von einem etwas stärkeren Mai-Rückgang aus. Der kräftige Frühjahrsaufschwung zeige, dass der Arbeitsmarkt derzeit immer noch relativ robust sei.
Die Chefs der 156 Arbeitsagenturen rechnen allerdings in den kommenden drei Monaten mit einer leichten konjunkturbedingten Eintrübung auf dem Arbeitsmarkt.
Trotz der eingetrübten Stimmung in vielen Chefetagen und den weiter schwelenden Welthandelskonflikten bleibt die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung der Ökonomen vorerst weiter auf Wachstum programmiert, wenn auch etwas abgeschwächt. Einige Geldhäuser haben daher inzwischen ihre zunächst skeptischen Wachstumsprognosen leicht nach oben korrigiert.
Sorge bereitet den Ökonomen allerdings weiterhin der Zollstreit zwischen den USA und China. Auch die von US-Präsident Donald Trump immer wieder angedrohten US-Zölle auf EU-Importe würden die deutsche Konjunktur ausbremsen, warnen die Fachleute.
Eine solche Maßnahme würde nach Einschätzung von Deutsche Bank-Volkswirt Marc Schattenberg vor allem die deutsche Autoindustrie treffen. "Und die bringt einen großen Teil der Wertschöpfung in Deutschland. Das wäre ein Klotz am Bein für die deutsche Konjunktur", warnt der Ökonom. (dpa)
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