Die IG Metall will den Pilot-Abschluss für die Metall- und Elektroindustrie aus Nordrhein-Westfalen unter dem Druck der Coronavirus-Krise für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt übernehmen. Die Tarifvereinbarung sei "ein Beitrag zur Abfederung der Folgen von Corona und stärkt den solidarischen Zusammenhalt", sagte Bezirkschef Thorsten Gröger am Freitag in Hannover. "Wir wollen uns schnellstmöglich an einen Tisch setzen, um weiter zu verhandeln."
Die Tarifpartner beschlossen in NRW unter anderem, die Löhne der Beschäftigten in der außergewöhnlichen Lage in diesem Jahr nicht mehr zu erhöhen. Arbeitnehmer mit kleinen Kindern sollen aber zusätzliche freie Tage erhalten, für Kurzarbeiter gibt es Ausgleichszahlungen.
"Die Entwicklungen machen es erforderlich, unseren Fokus jetzt auf die Sicherung von Beschäftigung und Einkommen sowie den Gesundheitsschutz zu legen", erklärte Gröger. "Vielen Mitgliedern drohen aufgrund von Kurzarbeit und Betriebsschließungen akute Einkommenseinbußen." Die Tarifkommissionen für Niedersachsen, Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und Sachsen-Anhalt hätten die Übernahme des Pilot-Abschlusses schon empfohlen.
Unter anderem soll für Beschäftigte in Kurzarbeit das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent des letzten Nettolohns aufgestockt werden. Zur Finanzierung sollen unter anderem bisherige Sonderzahlungen angezapft werden. Eltern von Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren sollen außerdem bei Schul- oder Kitaschließungen statt eines tariflichen Zusatzgeldes acht freie Tage nehmen können. Mindestens fünf freie Tage sollen - bei Lohnfortzahlung - nicht auf den Urlaub angerechnet werden müssen. Der Tarifvertrag soll zunächst eine Laufzeit bis zum Ende dieses Jahres haben.
In der Branche hatten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie darauf verständigt, das Thema Lohnerhöhungen zunächst einmal hintanzustellen. Viele Unternehmen belastet der Umbruch zu Digitalisierung und Elektrifizierung von Antrieben. Etliche Jobs stehen auf dem Spiel.
Gröger will die offen gebliebenen Fragen aber weiter ansprechen. "Wir werden unsere Ziele, mit denen wir ursprünglich in die Tarifrunde gestartet sind, weiterverfolgen", sagte er. "Aktuell müssen wir zwar die Corona-Krise bestmöglich bewältigen, größte Herausforderung der nächsten Jahre ist und bleibt jedoch der Strukturwandel."
Mit der Einigung in NRW sind die regionalen Verhandlungen für die rund 4 Millionen Beschäftigten der Branche bundesweit faktisch bis zum Jahresende ausgesetzt worden. Der Präsident von Gesamtmetall, Rainer Dulger, lobte den Not-Abschluss als "Zeichen der Vernunft". Es könnten keine Tarifverhandlungen "nach dem üblichen Muster" geführt werden. (dpa-AFX/os)
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