Heinz Hermann Thiele ist gestorben

Heinz Hermann Thiele, Patriarch des Bahn- und Nutzfahrzeugzulieferers Knorr-Bremse ist tot. Er starb nach Angaben des Unternehmens überraschend am Dienstag im Alter von 79 Jahren. Zuletzt war er stellvertretender Vorsitzender und Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates beim Konzern. Thiele hat das einst sanierungsbedürftige Unternehmen zu einem Weltmarktführer im Bremsenbereich mit zuletzt rund sieben Milliarden Euro Umsatz und fast 30.000 Mitarbeitern geformt.

Der gebürtige Mainzer wuchs nach kriegsbedingter Flucht aus Ostdeutschland in Vlotho (Weser) und Minden (Westfalen) in bescheidenen Verhältnissen auf, wo er 1961 sein Abitur machte. Anschießend studierte er Jura an der Universität München. „In der Rückschau betrachtet habe ich die äußerst beschränkten finanziellen Verhältnisse und die mir sehr fehlende Vaterfigur genutzt, um aus eigener Kraft etwas zu schaffen“, sagte Thiele später.

1969 startete er seine berufliche Laufbahn bei der Knorr-Bremse als juristischer Sachbearbeiter in der Patentabteilung. Ab 1975 wurde Thiele mit dem Aufbau und der Expansion des Nutzfahrzeugbereichs betraut, 1979 in den Vorstand des Unternehmens berufen, dem er 28 Jahre lang angehörte. 1987 wurde er Vorstandsvorsitzender der Unternehmensgruppe, deren Gesellschaftsanteile er ab 1985 sukzessive erwarb. Von 2007 bis 2016 war Thiele Aufsichtsratsvorsitzender der Knorr-Bremse AG, ab Juli 2020 stellvertretender Vorsitzender. 2016 wurde er zum Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrats ernannt. Ein wichtiger Schritt für das Unternehmen war der Börsengang im Jahr 2018, als er Knorr-Bremse dem Kapitalmarkt und weiteren Investoren öffnete.

Thiele war immer der starke Mann im Unternehmen. Ohne dessen Zustimmung lief dort nichts. Über seine Familienholding hielt er 65 Prozent der Anteile am Zulieferer. Auf seinem Weg zu einem der reichsten Deutschen hat sich Thiele stets als entscheidungsfreudig und hartnäckig gezeigt. Sei Vermögen wird auf mehr als 15 Milliarden Euro taxiert.

Thiele galt als detailbesessen, und als ein Manager, der nichts dem Zufall überließ. Bei seinem Aufstieg reihte er Übernahme an Übernahme. Anfang der 90er Jahre stieg er beispielsweise beim US-Bremsenspezialisten Bendix ein, später schluckte er die Firma ganz und eroberte den US-Markt.

Zielstrebig hat sich der Unternehmen 2015 auch die Mehrheit am Schienen- und Weichenhersteller Vossloh gesichert. Letztlich wurde Thiele dort Aufsichtsratschef und bestimmte die Geschicke bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2017.

Und auch sein Engagement bei der Lufthansa zeigte seinen Gestaltungswillen. In mehreren Schritten hatte er seinen Anteil an der Fluggesellschaft auf 15 Prozent aufgestockt. Ins Rampenlicht geriet der Großaktionär, als er im vergangenen Jahr damit drohte, dass staatliche Rettungspaket platzen zu lassen. Schließlich stimmte er dem Vorschlag des Bundes zu. (gem)

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