Handelskonflikt könnte der Autobranche schaden

Peking. Zwischen der Europäischen Union und China droht ein Handelsstreit, unter dem besonders die deutschen Autohersteller leiden könnten. Die Europäer weigern sich, China den Status einer Marktwirtschaft einzuräumen. Damit wäre China beispielsweise vor teuren Anti-Dumping-Klagen geschützt. In letzter Zeit gab es zum Beispiel den Vorwurf, China würde seinen Stahl aufgrund der Überkapazitäten zu günstig anbieten.

"Europa sollte zweimal nachdenken, bevor es eine endgültige Entscheidung über Chinas Marktwirtschaftsstatus fällt", warnte die chinesische Staatsagentur Xinhua, nachdem das EU-Parlament entschieden hatte, China nicht als Marktwirtschaft anzuerkennen. "Nach der Resolution des Parlaments steuern China und die EU auf einen handfesten Konflikt zu", sagte ein EU-Diplomat der Deutschen Presse-Agentur. "Am Ende droht sogar ein Handelskrieg."

Der Konflikt hat sich in den vergangenen Wochen verschärft, die Chinesen kündigen schon Strafmaßnahmen an. "Es gibt zunehmend konkrete Drohungen mit Vergeltungsmaßnahmen gegen europäische Firmen", sagte der EU-Diplomat. "Von chinesischer Seite wurde gesagt: Viele europäische Unternehmen verdienen hier gut, das muss nicht so bleiben. Auch die deutsche Autoindustrie wurde ausdrücklich erwähnt."

Die deutsche Autobranche und mit ihr die gesamt deutsche Wirtschaft sind in hohem Maße vom wichtigen chinesischen Markt abhängig. Der VW-Konzern verkauft beispielsweise im ersten Quartal in China 898.400 Autos, deutlich mehr als in Westeuropa (diese und andere interessante Zahlen finden Sie im Automobilwoche-Datencenter). "Sollte da (in China) Druck ausgeübt werden, würde es das Geschäft erschweren", sagte ein Mitarbeiter eines großen deutschen Autoproduzenten in Peking. Die Regierung könnte beispielsweise die Einfuhr von in Deutschland gebauten Autos erschweren oder verschiedene bürokratische Hindernisse errichten. Neben der Autoindustrie könnten sich die Maßnahmen auch gegen andere Branchen richten. "Sie können die Schraube leicht oder fest zudrehen, bis es wirklich weh tut", sagte der EU-Diplomat.

Die EU-Kommission braucht die Zustimmung des Parlament, um China den begehrten Status zu geben. Schwierig genug ist schon die Organisation der qualifizierten Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten, bei der nach der Einwohnerzahl gewichtet wird. Die einzelnen EU-Staaten sind in dieser Frage unterschiedlicher Meinung und Diplomaten befürchten, dass China auf Gegner des Marktwirtschafts-Status gezielt Druck ausüben könnte.

Problematisch ist zudem, dass China der Status eigentlich zusteht: Bei seinem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) war dem Land zugesichert worden, dass es 15 Jahre später als Marktwirtschaft anerkannt werden würde. China pocht nun auf die Einhaltung dieser Zusage. Das Land hätte nach Ansicht von EU-Rechtsexperten gute Chance, wenn es den Streitbeilegungsmechanismus der WTO nutzen würde. Allerdings dauert ein Verfahren dort rund zwei Jahre.

Wahrscheinlich wird das Thema auch bei den Regierungskonsultationen zwischen China und Deutschland Mitte Juni in Peking auf der Tagesordnung stehen. "Wir sind weit voneinander entfernt - und es ist schwer, eine Brücke zu bauen", sagt der EU-Diplomat. "Beide Seiten müssen verstehen, dass sie sich bewegen müssen. Die Zeit wird langsam knapp."

Die Chinesen sind erbost. Es sei "eine Schande", wie China von der EU behandelt werde, schreibt die chinesische Zeitung "Global Times". Es gilt als unwahrscheinlich, dass sich das Land auf viele Kompromisse einlassen wird.

Trotzdem rät ein China-Kenner zu Gelassenheit: "Ich rechne mit einer Menge Rhetorik", sagt der Präsident der Europäischen Handelskammer in China, Jörg Wuttke. "Die Chinesen werden große Drohungen an die Wand malen, aber da müssen wir die Nerven behalten."Schließlich sei China ebenso auf funktionierenden Handel angewiesen wie die Europäer: "Immerhin investiert China nun mehr als doppelt so viel in der EU als wir in China, und China verkauft für 500 Millionen Euro mehr in die EU als wir nach China - pro Tag." (dpa/swi)