Selten zuvor hat ein Wirtschaftsskandal in Deutschland so großen finanziellen Schaden angerichtet und so viel Vertrauen zerstört wie die Abgaskrise. Nach jahrelanger Vorbereitung und mehrfacher Verschiebung soll am Donnerstag (16. September) jetzt der Strafprozess gegen mehrere hohe Ex-Manager von Volkswagen beginnen.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Es geht um gewerbs- und bandenmäßigen Betrug mit manipulierter Software in Millionen Autos. Diese stießen beim Fahren ein Vielfaches der erlaubten Werte für schädliche Stickoxide (NOx) aus. Bessere Reinigungstechnik wäre teuer gewesen.
Einer der Angeklagten ist der frühere Konzernchef Martin Winterkorn. Er wird zum allgemeinen Prozessauftakt aber noch nicht persönlich erscheinen müssen. Das Braunschweiger Landgericht entschied, seinen Verfahrensteil abzutrennen und erneut zu vertagen. Grund sind gesundheitliche Probleme Winterkorns, der gerade eine Operation hinter sich brachte. Angesichts des Zeitdrucks soll die Hauptverhandlung gegen vier andere angeklagte Führungskräfte jedoch wie geplant eröffnet werden.
Fast auf den Tag sechs Jahre ist es her, dass "Dieselgate" in den USA aufflog. Die Umweltbehörde CARB hatte den Stein ins Rollen gebracht, als sie am 18. September 2015 einen Brief an die VW-Vertretungen im Land schickte. Darin rüffelten die Aufseher Europas größten Autobauer - damals mit offensiver Werbung für den "sauberen Diesel" aktiv - wegen einer Nichteinhaltung von Emissionsregeln, die rasch richtiggestellt werden müsse. Schon vorher hatte es Hinweise von Wissenschaftlern auf Unregelmäßigkeiten im Abgassystem gegeben. Doch VW-Verantwortliche nahmen Anfragen auch bei Fahrzeugrückrufen nicht sonderlich ernst.
Dann ging alles plötzlich sehr schnell. Winterkorn trat zurück, um Fassung ringend verabschiedete er sich von der Belegschaft. Er sei sich "keines Fehlverhaltens bewusst", sagte der bestbezahlte Manager aller Dax-Konzerne. Verbindungen zu den gefälschten NOx-Werten verneinte er auch später. Anwalt Felix Dörr erklärte: "Herr Winterkorn hatte keine frühzeitige Kenntnis vom gezielten Einsatz einer verbotenen Motorsteuerungssoftware." Der beteuerte auch vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags seine Unschuld.