Die Weichen für das Auto der Zukunft scheinen gestellt: Elektromobilität. Die meisten verstehen darunter Fahrzeuge, die ihre Energie aus einer Batterie beziehen. Aber es geht auch über Wasserstoff, der über eine Brennstoffzelle einen Elektromotor antreibt. Das Manko: Wasserstoff konnte bisher nur sehr aufwendig unter extrem hohem Druck oder bei minus 250 Grad Celsius verflüssigt gespeichert werden. Jetzt gibt es eine Technik, mit der Wasserstoff wie Benzin sicher und einfach transportiert und an Tankstellen gezapft werden könnte. Die Entwicklung ist zusammen mit zwei weiteren Projekten - eines aus dem Maschinenbau und eines aus der Medizin - für den Deutschen Zukunftspreis nominiert.
Die drei Forscherteams stellten am Mittwoch in München ihre Arbeiten vor und hoffen nun auf den Zuschlag, wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Auszeichnung am 28. November in Berlin verleiht. Der mit 250.000 Euro dotierte Deutsche Zukunftspreis gehört zu den bedeutendsten Wissenschaftspreisen in Deutschland.
Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen und der ausgegründeten Firma Hydrogenious Technologies haben eine Methode entwickelt, wie Wasserstoff chemisch auf einer Trägerflüssigkeit gespeichert und so gefahrlos transportiert werden kann. Später werde der Wasserstoff von der Trägerflüssigkeit wieder getrennt. Das Speichermedium bleibe als "flüssige Pfandflasche" erhalten, erläuterte der Chemie-Ingenieur und Teamsprecher Peter Wasserscheid.
Mit der LOHC-Technologie (liquid organic hydrogen carrier) könne bestehende Infrastruktur an Tankstellen, Tankschiffen und -wagen weiter genutzt und so viel Geld gespart werden. Es ermögliche eine "Wasserstoffwelt" "im Gewand der heutigen Kraftstoffversorgung". Neun Anlagen für industrielle Zwecke seien schon im Einsatz, neun weitere in Planung oder im Bau, etwa für Deutschland, die USA und China.
Ein völlig neue Art von Getriebe haben Ingenieure des Antriebsspezialisten Wittenstein aus dem baden-württembergischen Igersheim gebaut. Anstatt wie bisher mit Zahnrädern, die punktuell im Einsatz sind, arbeitet es mit einer Spiralform und Einzelzähnen. "Wir haben zwar nicht das Rad, aber das Zahnrad neu erfunden", sagte der Ingenieur und Gruppensprecher Thomas Bayer.
Statt gegeneinander zu rotieren, gleiten die Zähne in einer Innenverzahnung auf und ab. Dabei greift ständig eine sehr große Zahl an Zähnen ineinander. "Wir wollten, dass die Zähne möglichst immer im Einsatz sind. Deshalb haben wir sie anders angeordnet", sagte Bayer. Dabei habe man sich an der Natur orientiert: Die Zähne sind in einer Spirale platziert, wie sie in Wirbelstürmen oder Galaxien vorkommt - die dem Getriebe auch den Namen gaben.
Das Galaxie-Getriebe ist bereits in Dreh- und Fräsmaschinen im Einsatz. Es könne die Leistung um bis zu hundert Prozent steigern. Künftig soll es auch aus Kunststoff gebaut werden, etwa für die Autoindustrie und für leichte, bewegliche Roboter. "Das Potenzial hinter dieser Technologie ist riesig", sagte Bayer. Sie biete dem Maschinenbau in Deutschland die Chance, weltweit "weiter ganz vorne dabei zu sein".
Das Projekt der aus Bayer hervorgegangenen Firma AiCuris (Anti-infective Cures GmbH) in Wuppertal hat einem Herpes-Virus den Kampf angesagt. Etwa jeder Zweite trage das Cytomegalie-Virus in sich, meist mache es aber keine Probleme, sagte Firmengründerin Helga Rübsamen-Schaeff. Ein gesunder Organismus könne es "gut in Schach halten". Aber: "Wenn das Immunsystem geschwächt ist, kann es sehr schnell lebensbedrohlich werden." Insbesondere nach Knochenmark-Transplantationen haben Patienten keine Immunabwehr.
Das neue Medikament sei das erste, das am ersten Tag nach Knochenmark-Transplantationen gegeben werden könne, um das Virus vorbeugend in Schach zu halten, sagte Rübsamen-Schaeff. Es greife nicht wie bisherige Arzneien ein Enzym an, das auch der Mensch habe, sondern eines, das nur im Virus bestehe. Bisherige Mittel hätten schwere Nebenwirkungen und würden erst bei Problemen verabreicht. Rund 40 000 Menschen weltweit sind laut Rübsamen-Schaeff jährlich betroffen. Nach ersten Studien sei mit dem Medikament die Überlebenschance signifikant gestiegen.
Derzeit werde der Einsatz bei Nierentransplantationen geprüft. Auch bei HIV-Patienten, Patienten auf Intensivstationen oder Säuglingen könne sich das Virus im Körper ausbreiten, Organe schädigen, zu Lungenentzündung oder einer Augeninfektion bis hin zur Erblindung führen. "Wir glauben, dass auch außerhalb der Transplantationsmedizin Potenzial ist", sagte Rübsamen-Schaeff. Die Arznei ist bereits unter anderem in den USA, in Europa und in Japan zugelassen. (Von Sabine Dobel, dpa)
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