Ein wichtiger Gutachter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hält die deutsche Pkw-Maut für rechtens. Ausländische Fahrzeughalter würden nicht diskriminiert, erklärte Generalanwalt Nils Wahl am Mittwoch in Luxemburg (Rechtssache C-591/17). Er empfahl den EuGH-Richtern daher, die Klage Österreichs gegen die Pläne der Bundesregierung abzulehnen. Das Gutachten ist allerdings nicht verbindlich, ein Urteil in der Sache dürfte in den kommendenMonaten fallen.
EuGH-Gutachter hält deutsche Pkw-Maut für rechtens
- Die Maut soll auf Bundesstraßen und Autobahnen kassiert werden. Sie ist ein Prestigeprojekt der CSU in der großen Koalition. Inländische Autofahrer sollen im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Nach Abzug der Kosten soll die Maut gut 500 Millionen Euro im Jahr für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur einbringen.
- Eine Vignette, also eine Marke zum Aufkleben, soll es nicht geben. Stattdessen sollen alle Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird. Sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Motors. Im Schnitt soll sie 67 Euro kosten, maximal 130 Euro.
- Bei besonders sauberen Autos (Euro 6) soll die Steuer sogar stärker sinken als der Mautbetrag. Für Autobesitzer aus dem Ausland soll es neben einer genauso berechneten Jahresmaut auch zwei Kurzzeittarife je nach Motoreigenschaften geben - für die Dauer von zehn Tagen oder zwei Monaten.
- Die Maut soll über das Internet oder eine App für Smartphone und Tablet gebucht werden können. Nach dem Erwerb wird das Fahrzeugkennzeichen im System freigeschaltet. Außerdem sollen Zahlstellen aufgebaut werden, bei denen die Maut manuell gebucht werden kann.
Es handelt sich um einen der seltenen Fälle, in denen in der Europäischen Union ein Mitgliedstaat einen anderen verklagt. Die EU-Kommission hatte 2016 nach langem Ringen ihre Bedenken gegen die deutsche Maut fallen gelassen. Österreich zog daraufhin vor Gericht. Das Land wird bei seiner Klage von den Niederlanden unterstützt.
Der Gutachter argumentierte nun, die Klage Österreichs beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis des Begriffs Diskriminierung. Zwar seien Halter inländischer Fahrzeuge hauptsächlich deutsche Staatsbürger, während Fahrer ausländischer Fahrzeuge überwiegend Staatsangehörige eines anderen EU-Staats seien. Letztere seien jedoch niemals verpflichtet, deutsche Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen. Zudem könnten sie sich - im Gegensatz zu deutschen Haltern - für eine günstigere Vignette mit kürzerer Dauer entscheiden und somit weniger zahlen.
Österreich hatte hingegen argumentiert, die sogenannte Infrastrukturabgabe diskriminiere ausländische Fahrer verbotenerweise, weil inländische Autobesitzer über die Kfz-Steuer voll für die Maut entlastet werden. (dpa/fuh)
Lesen Sie auch:
In Zukunft soll Maut streckenbezogen sein: EU-Parlament stellt sich gegen deutsche Pkw-Maut-Pläne
Lkw-Maut auf Bundesstraßen: Weichen Brummis jetzt auf Landstraßen aus?
Ministerium: Bis Jahresende soll Betreiber der Pkw-Maut feststehen
Scheuers Behauptung: Sind deutsche Autobahnen die sichersten Straßen der Welt?