Soweit der Plan. Die konkrete Umsetzung wird erst in den nächsten Jahren Gestalt annehmen. In einem seitenlangen Anhang zu ihrer Strategie listet die Kommission rund 80 Einzelvorhaben auf. Sie sollen einerseits mit nachgeschärften Regeln Anreize für die Industrie setzen, die sauberen Verkehrsmittel wirklich rasch voranzubringen - genau diese schnelle oder gar überstürzte Durchsetzung extrem niedriger Emissionsstandards fürchtet die Autoindustrie.
Bürgern soll der Umstieg und die Änderung ihrer Verkehrsmuster schmackhaft gemacht werden. Und Geldgeber sollen zu Investitionen ermutigt werden. Denn für den Umbau setzt die Kommission allein in den Jahren 2021 bis 2030 zusätzliche Investitionen aus öffentlicher und privater Hand in Höhe von 130 Milliarden Euro pro Jahr an, im Vergleich zu den vorangegangenen zehn Jahren. Darin enthalten sind die Kosten für neue Fahrzeuge, einschließlich großer Gefährte wie Schiffe oder Flugzeuge. Für Infrastruktur könnten noch einmal 100 Milliarden Euro pro Jahr hinzukommen.
Kritik an dem Plan ließ nicht lange auf sich warten. So monierte Greenpeace, dass das Ziel von 30 Millionen emissionsfreien Fahrzeugen bis 2030 weit hinter dem Möglichen und dem Nötigen zurückbleibe. Deutschland alleine plane ja bereits 7 bis 10 Millionen E-Autos bis dahin. Derzeit gibt es nach Angaben des europäischen Autoverbands Acea mehr als 312 Millionen motorbetriebene Fahrzeuge in Europa.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber kritisierte hingegen: "Es fehlen echte Lösungsansätze für urbane Mobilität, und die Schwierigkeit der ländlichen Regionen, bei den anstehenden Änderungen im Verkehr abgehängt zu werden, ist gar nicht erst erwähnt." Auch zum autonomen Fahren fehle eine Strategie, wie Vernetzung und Automatisierung ablaufen sollen. "Ich hoffe, die Kommission hat in ihren Schubladen mehr Ideen zur Modernisierung des Verkehrs, als sie in der neuen Strategie auflistet", meinte Ferber. Denn dieser Plan biete kaum Neues.
Aus Sicht des Verbands der Automobilindustrie (VDA) setzt die Strategie zu stark auf Verkehrsträger jenseits der Straße: "Schiffe und Züge werden den Mobilitätsbedarf der Menschen alleine nicht bewältigen können, wie soll das gehen?" Digitalisierung und Vernetzung im Straßenverkehr seien nur oberflächlich und allgemein behandelt worden, teilte der VDA mit. "Dabei brauchen wir doch gerade jetzt massive Investitionen in die digitalen Netzwerke, wir brauchen die rechtliche Ermöglichung für autonomes Fahren und natürlich die Lade-Infrastruktur."
Eine mögliche Kerosinsteuer kritisierte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). "Jede nicht international für den gesamten Luftverkehr eingeführte Kerosinbesteuerung hätte massive Wettbewerbsverzerrungen" zur Folge, teilte der Verband mit.
Lob für die Strategie kam von der Vorsitzenden des deutschen Energiebranchenverbands BDEW, Kerstin Andreae. Sie sei ein wichtiger Schritt zur angestrebten Klimaneutralität. (Von Verena Schmitt-Roschmann, dpa)
Lesen Sie auch:
Emissionsfreie Mobilität: EU-Kommission will Verkehrssektor grundlegend verändern
OECD empfiehlt Regulierung: Stromer bei Feinstaub kaum besser als Verbrenner
Betrieb überwiegend mit Verbrenner?: Kritik an Kaufprämie für Plug-in-Hybride
Union, FDP und ADAC nach neuen Forderungen: "Auch für Autos muss es in Städten ausreichend Raum geben"
Aus dem Datencenter:
CO2-Ausstoß in Deutschland bis November 2020