Der Abgas-Skandal zieht immer weitere Kreise: Jetzt ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft auch gegen die VW-Tochter Porsche. Die Behörde hat Ermittlungen wegen einer möglichen Manipulation der Abgasnachbehandlung an Diesel-Fahrzeugen von Porsche aufgenommen. Sie richteten sich gegen unbekannte Mitarbeiter des Autobauers und eines amerikanischen Tochterunternehmens. Es werde der Vorwurf des Betrugs und der strafbaren Werbung geprüft. Nähere Angaben machte die Staatsanwaltschaft zunächst nicht. Sie hatte im April 2016 Vorermittlungen aufgenommen.
Ermittlungen gegen Porsche-Mitarbeiter
Vergangene Woche war ein Audi-Manager auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II festgenommen worden. Bis zu seiner Beurlaubung 2015 war er einer der führenden Audi-Motorenentwickler und ist offenbar stark in die Abgasaffäre verwickelt. Ihm werden Betrug und unlautere Werbung vorgeworfen. Außerdem ist er einer von acht Mitarbeitern des VW-Konzerns, gegen den die US-Justiz Strafanzeige gestellt hat. Er sitzt in Untersuchungshaft und will mit den Behörden kooperieren.
"Mein Mandant sagt aus", sagte sein Anwalt Walter Lechner der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). "Er kooperiert mit der Staatsanwaltschaft, um seinen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts zu leisten." Dem Bericht zufolge hat die Anklagebehörde Erkenntnisse, dass er dazu beigetragen hat, die US-Umweltbehörden jahrelang mit manipulierten Schadstoffwerten über den wahren Abgasausstoß von Diesel-Fahrzeugen zu täuschen. Lechner sieht die Verantwortung dafür aber nicht bei seinem Mandanten. "Fest steht jedenfalls, dass mein Mandant nicht die unternehmenspolitische Entscheidung hierfür treffen konnte und auch nicht getroffen hat."
In Deutschland ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Betrugsverdachts gegen 37 Beschuldigte, darunter der frühere VW-Vorstandschef Martin Winterkorn. Daneben gibt es in Europa unzählige Klagen von Aktionären und Autobesitzern gegen VW.
Einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge hat Winterkorn mindestens zwei Monate vor Bekanntwerden des Diesel-Skandals von den Manipulationen erfahren. Ein VW-Abgasspezialist habe Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess am 27. Juli 2015 ausführlich die Betrugssoftware erklärt, mit der weltweit etwa elf Millionen Fahrzeuge manipuliert wurden, schrieb das Blatt. Die Zeitung beruft sich auf "Hunderte Zeugenbefragungen, FBI-Berichte, interne E-Mails und geheime Präsentationen".
Volkswagen wollte sich dazu mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern, auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig und das Bundesverkehrsministerium lehnten einen Kommentar ab. Der frühere Vorsitzende des Abgas-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Herbert Behrens (Linke), nannte die Aussagen des von der Zeitung zitierten Kronzeugen am Montag "sehr glaubwürdig".
Nach Konzernangaben hat die VW-Führungsspitze um Winterkorn erst wenige Tage vor Bekanntwerden des Skandals in den USA am 18. September 2015 detailliert von den Manipulationen erfahren.
"Ein Konzernchef kann doch nie und nimmer von sich behaupten, das Ganze nur registriert zu haben, ohne sich die Hintergründe und Details erklären zu lassen", sagte Behrens. Die CDU in Niedersachsen warf den Vertretern der Landesregierung im VW-Aufsichtsrat Untätigkeit vor. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) müsse "seiner Rolle als Aufsichtsrat endlich gerecht werden"; außerdem müsse das Kontrollgremium die Frage einer Schadenersatzklage gegen Winterkorn neu prüfen, forderte der CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann. (dpa/swi)
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