Berlin. Einen Rolls-Royce hat jeder, und sogar ein Bugatti kann hier niemanden beeindrucken: Wer als Ölscheich etwas auf sich hält, braucht schon ein besonderes Auto. Zum Beispiel einen Lagonda, den Aston Martin zurückbringt. In Kleinserie von Hand hergestellt und vorerst nur in den Emiraten zu haben, wird dieser Wagen nicht nur zu den exklusivsten Luxuslinern der Welt zählen. Durch sein eigenwilliges Design mit monströsem Kühlergrill, endlos langer Motorhaube, flachem Dach über vier kurzen Türen und einem Stummelheck dürfte der Carbon-Viertürer auch die exotischste Limousine vor den Sieben-Sterne-Hotels am Golf werden. Das alles hat bei Lagonda eine gewisse Tradition.
Seit die 1900 von Wilbur Gunn gegründete Marke in den 1950ern unter die Fittiche von Aston Martin genommen wurde, gab sie schon einmal das Enfant terrible aus England: mit der Premiere der letzten Lagonda-Limousine. Als diese 1976 auf der London Motor Show enthüllt wurde, wirkte der Viertürer wie ein UFO, das die falsche Zeitzone erwischt hatte. So scharf und kantig, wie Designer William Towns das Blech gefaltet hatte, war in der Zeit barock gerundeter Modelle von Rolls-Royce, Bentley oder Jaguar bis dato noch keine Karosserie geformt. Ganz zu schweigen von den ungewöhnlichen Proportionen und der Batterie aus teils ausklappbaren Scheinwerfern neben dem Kühlergrill.
Mit Funktion hatte diese Form wenig zu tun: Schon in der ersten Reihe geht es auf den riesigen Ledersesseln sehr eng zu, der Fond ist für eine Limousine von 5,30 Metern Länge eine Frechheit und lässt sich nicht einmal lüften. Die Frisuren der Insassen verlieren sich bei einer Fahrzeughöhe von nur 1,30 Metern im Dachhimmel, und viel mehr als zwei Reisetaschen und der in England unverzichtbare Regenschirm sind kaum in den Kofferraum zu bekommen.
So futuristisch die Formensprache, so zukunftsweisend war auch das Bedienkonzept des Lagonda. Denn in Zeiten, als Telefone noch Wählscheiben hatten, wurden in seinem Cockpit die meisten Funktionen schon per Sensortasten gesteuert. Statt gewöhnlicher Rundinstrumente gab es Digitalanzeigen und später sogar richtige Monitore. Und lange vor Siri & Co. sprach das Auto zum Fahrer: Wichtige Infos wurden auf Knopfdruck von einer Computerstimme verlesen - in vier Sprachen.
Wenn man das futuristische Lenkrad in die Hände nimmt und vor einem das Bedienpanel aufleuchtet, fühlt man sich wie Major Cliff Allister McLane, der Kommandant des Schnellen Raumkreuzers Orion aus der legendären Raumpatrouille, und wartet förmlich auf den Start des Hyperantriebs. Doch auch wenn der Lagonda wirkt wie von einem anderen Stern, hat er einen ausgesprochen irdischen Motor unter der flachen Haube: einen Achtzylinder, der aus 5,3 Litern Hubraum rund 221 kW/300 PS schöpft.