4. BEHAUPTUNG: Stickoxide sind erwiesenermaßen gefährlich.
FAKTEN: "Wenn man sich die aktuelle Studienlage anschaut, muss man davon ausgehen, dass Stickstoffdioxid (NO2) einen eigenständigen, gesundheitlichen Effekt bei Langzeitfolgen hat", sagt UBA-Experte Dirk Wintermeyer. Er räumt aber auch ein, dass es nicht einfach sei, Wirkungen verschiedener Schadstoffe exakt voneinander abzugrenzen.
Wissenschaftler haben berechnet, dass - statistisch gesehen - im Jahr 2014 rund 6000 Todesfälle wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf eine langfristige NO2-Belastung zurückzuführen sind. Demnach wäre Stickstoffdioxid verantwortlich für etwa 50 000 verlorene Lebensjahre. In der Lunge kann NO2 nach Erkenntnisse des UBA Zellen angreifen und Entzündungsprozesse auslösen.
Was Kritiker bemängeln: Die Ergebnisse beruhen auf epidemiologischen Studien. Dabei werden - im Gegensatz zu toxikologischen Studien - Personen nicht gezielt NO2 ausgesetzt. Sie liefern also lediglich Erkenntnisse zu statistischen Zusammenhängen zwischen negativen gesundheitlichen Auswirkungen und NO2-Belastungen, über eindeutige Ursache-Wirkungs-Verhältnisse in Einzelfällen sagt das noch nichts aus. Toxikologische Studien gibt es zu NO2 hingegen nur wenige. Das Problem: "Es ist in einer Studie nicht machbar und wäre auch ethisch nicht vertretbar, Menschen einer so hohen Konzentration an NO2 über einen längeren Zeitraum auszusetzen", sagt Wintermeyer. Und auch die Übertragung von Tierstudien auf den Menschen sei unsicher.
5. BEHAUPTUNG: Der Grenzwert für NO2 ist am Arbeitsplatz viel höher als der für Außenluft.
FAKTEN: Gemäß dem EU-weiten Grenzwert darf im Jahresmittel die Belastung im Freien nicht über 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen. Bei Arbeitsplätzen in Deutschland, an denen Verbrennungen stattfinden - zum Beispiel beim Schweißen -, liegt der Wert bei 950 Mikrogramm. "Das sind also Äpfel und Birnen, die hier miteinander verglichen werden", erläutert Wintermeyer. "Auf der einen Seite steht ein Jahresmittelwert und auf der anderen Seite ein Arbeitstags-Grenzwert."
Darüber hinaus gelte der Arbeitsplatz-Grenzwert für Menschen mit gesunden Atemwegen an speziell belasteten Industrie-Arbeitsplätzen und im Handwerk - acht Stunden täglich und für maximal 40 Stunden pro Woche. Arbeitnehmer, die berufsbedingt Schadstoffen ausgesetzt seien, würden zusätzlich arbeitsmedizinisch betreut, während im Freien alle Menschen der Luft ausgesetzt sind - auch Kinder, Schwangere, Senioren oder Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma. Für Büros gilt ein Grenzwert von 60 Mikrogramm pro Kubikmeter im Wochenmittel. Laut UBA ist das ein "wirkungsbezogener Wert", bei dessen Erreichen oder Überschreiten unverzüglich zu handeln ist.
6. BEHAUPTUNG:Die NOx-Messstationen stehen an der falschen Stelle.
FAKTEN:Zwei Mal haben die Verkehrsminister der Bundesländer angemahnt, die Positionen der NOx-Messstationen zu überprüfen. Der Verdacht: Sie könnten zu nah an der Straße stehen und überhöhte Werte liefern. Eine Überprüfung des Deutschen Wetterdienstes im Auftrag der Bundesregierung ergab für eine Station in Aachen tatsächlich, dass diese nicht vorschriftsmäßig stand. Nur: Diese Station gehört nicht zu den Messstationen, auf deren Basis Deutschland seine offiziellen NOx-Werte an die EU liefert. Diese werden von den Bundesländern betrieben. Bisher gab es laut Umweltbundesamt keine Beanstandungen von EU-Seite, was die Aufstellung der Stationen betrifft.
Die EU-Richtlinie 2008/50/EG schreibt vor, wo die Stationen zu stehen haben - sowohl an Orten mit den "höchsten Konzentrationen" als auch an Orten, wo die Belastung geringer ist. Richtig ist, dass es einen gewissen Spielraum für die Position gibt, zum Beispiel: "mindestens 25 Meter vom Rand verkehrsreicher Kreuzungen und höchstens 10 Meter vom Fahrbahnrand entfernt", und "in einer Höhe zwischen 1,5 Metern (Atemzone) und 4 Metern über dem Boden".
Wer den genauen Ort bestimmt, hat also einen gewissen Spielraum. Zu wählen ist der Standort laut Richtlinie so, "dass die Luftproben - soweit möglich - für die Luftqualität eines Straßenabschnitts von nicht weniger als 100 Metern Länge bei Probenahmestellen für den Verkehr (...) repräsentativ sind." (dpa)
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