Der ehemalige Audi-Chef ist der prominenteste unter den Angeklagten, doch ihm wird am wenigsten vorgeworfen. Nur auf den letzten sieben Seiten der 92 Seiten dicken Anklage geht es um ihn. Stadler soll es nach Aufdeckung der Manipulationen in den USA im September 2015 zumindest für möglich gehalten und "billigend in Kauf genommen" haben, dass auch in Europa Audi-Dieselmotoren mit illegalen Abschalteinrichtungen verwendet wurden. Doch er habe es unterlassen, die Produktion dieser Motoren und den Verkauf von 120.000 Fahrzeugen zu stoppen. Damit habe er 28 Millionen Euro Schaden verursacht. Stadler wies die Vorwürfe stets zurück. "Was soll ich machen, wenn mir gesagt wird, der Sechszylinder ist sauber", hatte er Journalisten schon nach Einleitung der Ermittlungen gesagt.
Die vier Angeklagten im Audi-Prozess
Der Ingenieur Giovanni P. war ab 2002 Leiter der Abteilung"Thermodynamik, On Board Diagnostic, Abgasnachbehandlung"bei Audi in Neckarsulm. Seine Abteilung war für die großen neuen"Clean-Diesel"-Motoren in den USA und Europa zuständig. Henning L. war Unterabteilungsleiter für Abgasnachbehandlung.
Laut Anklage hatte P. von Mitarbeitern"intelligente Lösungen"gefordert, um Abgastests zu bestehen, und 2008 angewiesen, eine Software einzubauen, die Tests erkennt. Ein Mitarbeiter habe P. und L. im Januar 2008 gemailt:"Ganz ohne Bescheißen werden wir es nicht schaffen."Ein Mitarbeiter habe P. im Juli 2008 gewarnt:"Dies ist ein eindeutiges Defeat Device und nicht zulässig."Laut Anklage handelten P., L. und ihr Vorgesetzter Wolfgang Hatz"stets in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken": Sie"veranlassten, dass die Software von ab dem Jahr 2009 veräußerten Diesel-Motoren manipuliert wurde". Bei 434.000 Autos von Audi, Porsche und VW sei so ein Schaden von mindestens 170 Millionen Euro angerichtet worden.
Giovanni P. saß 2017 fünf Monate in Stadelheim in Untersuchungs- und Auslieferungshaft. P. und L. sind laut Staatsanwaltschaft zumindest weitgehend geständig. Die Verteidiger von P. sehen ihren Mandanten als Befehlsempfänger, der nur Weisungen befolgt habe.
Der Ingenieur war von 2001 bis September 2009 Chef der Motorenentwicklung bei Audi, bis 2012 beim VW-Konzern und dann bis 2015 Technikvorstand von Porsche. Laut Anklage hatte er sich bei VW-Konzernchef Martin Winterkorn persönlich für den Erfolg des"Clean-Diesel"-Projekts verbürgt, mit dem der Konzern den US-Markt erobern wollte. Hatz habe sich ab März 2008 fast wöchentlich über den Stand informieren lassen. Laut Anklage hat Giovanni P. alle Manipulationen mit Hatz abgestimmt"und ließ sich diese absegnen". Alle Manipulationen bis September 2009 seien mit Hatz' Billigung eingebaut worden. Hatz saß bis Juni 2018 neun Monate lang in U-Haft, hat die Vorwürfe aber zurückgewiesen. (dpa/gem)
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