Stuttgart. Kurz vor der Hauptversammlung derPorsche-Holding war es dann klar: Ferdinand Piëch wird nicht erscheinen. Bei der VW-Hauptversammlung in der vergangenen Woche hatte sich der Autopatriarch schon nicht mehr blicken lassen, nachdem er als Aufsichtsratschef von Volkswagen zurückgetreten war. Bei derPorsche-Holding hat er den Kontrolleursposten zwar nicht abgegeben. Trotzdem ließ er dem Chefjustiziar über einen Mitarbeiter am Morgen mitteilten, dass er nicht kommen werde.
Über die Gründe war nichts bekannt. Dass Aufseher Hauptversammlungen fernbleiben, ist an sich nicht ungewöhnlich. Bei Porsche wäre das Aktionärstreffen allerdings der erste Anlass seit dem großen Krach gewesen, bei dem Piëch und VW-Chef Martin Winterkorn gemeinsam hätten erscheinen können.
Wie ist dieAusgangslage?
«Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.» Mit diesenWorten entfachte Piëch vor etwas mehr als vier Wochen einen Machtkampf um die VW-Führungsspitze. Nach zwei Wochen stand Vorstandschef Martin Winterkorn als Sieger fest. Piëch, der Europas größten Autokonzern jahrzehntelang als Machtzentrum und VW-Großaktionär geprägt hatte, legte sein Amt als Chefkontrolleur nieder. Auch seine Ehefrau Ursula trat von ihrem Aufsichtsratsmandat zurück.
Was hat das mit der Porsche-Holding zu tun?
Seit der Übernahmeschlacht vor sechs Jahren ist die Porsche Automobil Holding SE quasi die Muttergesellschaft über dem VW-Konzern. Diese Dachgesellschaft war einst gebildet worden, um Volkswagen zu schlucken. Am Ende brachte es Porsche aber nur auf 51 Prozent. Zudem wurde der Sport- und Geländewagenbauer Porsche - also das operative Geschäft derPorsche AG - an VWverkauft. Viele Positionen sind seitdem in Personalunion besetzt. So ist etwa Winterkorn nicht nur Vorstandschef bei VW, sondern auch bei der Porsche-Holding.
Welche Rolle spielt Piëch bei der Porsche-Holding?
Im Gegensatz zu seiner früheren Rolle im Volkswagen-Konzern ist Piëch hier nur ein einfaches Aufsichtsratsmitglied. DenVorsitz bei der PorscheSEhat seinCousin Wolfgang Porsche inne. Neben Piëch sitzt auch noch sein Bruder Hans Michel Piëch in dem Kontrollgremium.
Welche Macht hat Piëch bei Porsche noch?
Die stimmberechtigten Stammaktien der Holding sind in der Hand der Familien Porsche und Piëch. Die genaue Aufteilung wird dabei üblicherweise nicht veröffentlicht. Ferdinand Piëch und seinem Bruder Hans Michel sind nach dpa-Informationen jeweils 13,16 Prozent der PSE-Stammaktien zuzuordnen. Wolfgang Porsche sagte während der Hauptversammlung:«Ich kann Ihnen versichern, dass wir auch in Zukunft die Verantwortung für die Volkswagen-Gruppe und die 600.000 Menschen wahrnehmen werden.» Auf die Frage, ob das denn für alle Mitglieder der Familien Porsche und Piëch gelte, zögerte Porsche nur kurz und sagte dann: «Wahrscheinlich, ja.»
Wird Piëch seinen Posten bei der Holding auch abgeben?
Das stand bislang nicht zur Debatte. Wenn Piëch diesen Schritt machen würde, gäbe er weitere Macht im Porsche-Volkswagen-Konglomerat ab.
Könnte er auch dort versuchen, Martin Winterkorn abzusetzen?
Auch das war bisher keinThema. Da Piëch mit seinem Vorstoß schon bei Volkswagen keinenErfolg hatte, gelten ähnliche Versuche bei Porsche als unwahrscheinlich. Die Porsche-Familie hat früheren Angaben zufolge ein leichtes Übergewicht bei der PSE, und Wolfgang Porsche höchstpersönlich hatte Winterkorn den Rücken gestärkt. Überdies ist sich auch die Familie Piëch nicht immer einig, wie Piëchs Kritik an der Berufung zweier Nichten in den VW-Aufsichtsrat zeigt.
Was halten die Porsche-Aktionäre von dem Ganzen?
Hier muss man unterscheiden: Die mit Stimmrechten ausgestatteten Stammaktien halten dieFamilien Porsche und Piëch. In der Regel sind Beschlüsse auf der Hauptversammlung deshalb auch unstrittig. DieVorzugsaktionäre, die von Dividenden profitieren und reines Rederecht haben, können sich zu Wort melden. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, die Kleinaktionäre vertritt, stellt die Doppelrolle Winterkorns bei Volkswagen und bei der Porsche-Holding infrage. KritischeAktionäre, die sich schon bei der Volkswagen-Hauptversammlung Anfang Mai zu Wort gemeldet hatten, schlugen sich überraschenderweise auf Piëchs Seite. (dpa/gem)