Herr Zitzelsberger, wie begründen Sie die Forderung der IG Metall von fünf Prozent?
Die Forderung ist ökonomisch begründet. Wir ordnen die gesamtwirtschaftliche Produktivität bei 1 bis 1,1 Prozent ein. Dazu kommt die Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank von knapp zwei Prozent und eine Umverteilungskomponente zur Stärkung der Kaufkraft. Damit landen wir bei fünf Prozent. Dass dieser Dreiklang der Forderung richtig ist, zeigt die Bedeutung der Arbeitnehmer-Kaufkraft für das Wachstum in Deutschland. Im Übrigen halten wir die Forderung angesichts der hervorragenden Gewinnsituation der Unternehmen für ökonomisch vertretbar und bezahlbar.
Wie weit liegen die Positionen diesmal auseinander?
Das ist heute schwer zu sagen. Wir haben in einem guten ökonomischen Umfeld die niedrigste Forderung seit Jahren aufgestellt. Wann und in welcher Höhe die Arbeitgeber ein erstes Angebot vorlegen werden, ist offen. Ein extrem niedriges Angebot würde aber zu großer Missstimmung bei unseren Leuten führen. Die Kampagne der Arbeitgeber gegen unsere Forderung ist bedenklich. Da wird in der Öffentlichkeit ein negatives Bild der Wirtschaft gezeichnet, das nicht der Realität entspricht. Daraus ist zu befürchten, dass sich die Fronten eher verhärten dürften.
Welche Folgen werden die angekündigten Aktionen in nicht tarifgebunden Firmen haben?
Wir wollen eine stärkere Tarifbindung herstellen. Deshalb wollen wir einige nicht tarifgebundene Betriebe bei Aktionen mitnehmen. Das werden Betriebe sein, in denen die IG Metall bereits vertreten ist. Dort werden wir fordern, dass die am Ende ausgehandelte Tariferhöhung weitergegeben wird. Zudem wollen wir vor allem in tarifgebundenen Betrieben, in denen wir noch nicht so sichtbar sind, aktiver werden. Ein Teil der Betriebe sitzt in Tarifrunden leider noch auf den Zuschauerrängen.
ZUR PERSON: Roman Zitzelsberger ist Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg. In dieser Funktion leitet der 49-Jährige die Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie. Seine Karriere begann Zitzelsberger 1984 bei Daimler in Gaggenau, seit 1989 ist er für die Gewerkschaft aktiv. (dpa-AFX/gem)