Die deutsche Industrie erwartet wegen der weiterhin schweren Folgen der Corona-Krise keine schnelle Erholung der Wirtschaft und fordert Nachbesserungen bei staatlichen Hilfen. "Ohne mehr und zielgerichtetere Hilfen befürchten wir einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen ab Herbst", sagte Industriepräsident Dieter Kempf der Deutschen Presse-Agentur. "Die Liquidität muss verbessert werden, die Firmen brauchen Eigenkapital. Das kann zu einem großen Problem werden, wenn nicht gegengesteuert wird. Die Unternehmen sind sehr stark bankenfinanziert."
Kempf sagte, er teile den Optimismus von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nicht, dass es im Oktober wieder aufwärts gehe. "Ich gehe davon aus, dass es deutlich länger dauert." Das Wachstum werde 2021 und möglicherweise auch 2022 noch verhalten sein, wobei dies von Branche zu Branche unterschiedlich sei. "Aber einen Aufschwung im Herbst 2020 sehe ich beim besten Willen nicht." Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland war im zweiten Quartal um zehn Prozent eingebrochen. Altmaier rechnet damit, dass im Herbst die Wirtschaft in der ganzen Breite wieder wächst.
"Die Lage der Automobilindustrie und der Zulieferer ist nach wie vor schwierig", sagte der BDI-Präsident. "Wir müssen uns im Klaren sein, dass die Herausforderungen noch nicht bewältigt sind, auch nicht mit der beschlossenen stärkeren Förderung der Elektromobilität. Man muss der Realität ins Auge schauen. Wenn Unternehmen ihre Flotten erneuern müssen, werden sie dies tun, aber der private Konsument wird noch zögern, sich ein neues Auto zu kaufen."
Kempf machte deutlich, der Bund müsse möglicherweise noch einmal nachlegen. Der volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Schaden wäre zu hoch, sollte die Autoindustrie dauerhaft Schaden nehmen. (dpa/swi)
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Aus dem Datencenter:
Verbraucher- und Industrievertrauen in Deutschland – Januar 2008 bis Juli 2020