Der Wankelmotor gestern, heute und morgen

Er ist leichter und billiger, läuft ruhiger und macht weniger Geräusche. Er braucht auch weniger Platz, was mehr Innenraum oder neue Möglichkeiten beim Design schafft. Der Wankelmotor scheint nur Vorteile zu haben. Und doch verlief seine Geschichte, seit er Pkw antreibt, mehr als holprig.

Die Audi-Vorgängermarke NSU feierte Erfolge und Misserfolge. Doch Mazda sieht im Kreiskolbenmotor die "Seele der Marke". Und das, obwohl 2012 das bislang letzte Modell mit Wankelmotor eingestellt wurde –der Sportwagen RX-8. Doch das heißt nichts. Denn das Konzept komme wieder und werde Teil der elektrischen Zukunft, glaubt man bei dem Hersteller.

Jochen Münzinger von Mazda verrät: "Es ist ein batterieelektrisches Auto in Planung, das einen Wankelmotor als Range Extender bekommen wird." Bereits 2013 stellte der japanische Hersteller einen Prototypen mit einem Reichweiten-Verlängerer mit dem Grundprinzip vor, das der deutsche Erfinder Felix Wankel in den 1920er-Jahren erdachte und über Jahrzehnte der Tüftelei zur Serienreife brachte.

Der Motor arbeitet nicht mit Hub-, sondern mit Kreiskolben. Statt der Auf- und Ab-Bewegung der Kolben sorgt ein Rotationskolben, die sogenannte Scheibe, für den Vierklang aus Ansaugen, Komprimieren, Zünden und Ausstoßen des Treibstoffs. "Sie wandelt die bei der Verbrennung entstehende Energie direkt in eine Drehbewegung um", erläutert Gunnar Beer vom Auto Club Europa (ACE).

Weil diese Konstruktion ohne Ventilsteuerung und Ventile sowie Pleuel und Kurbelwelle auskommt, ist sie "kleiner und leichter und günstiger in der Fertigung", sagt Beer. Durch die gleichmäßige Drehbewegung haben solche Motoren auch bei der Laufruhe Vorteile. Probleme tauchten bei der Dichtigkeit und dem höheren Verbrauch auf. Das waren wohl die Hauptgründe, warum sich der Kreiskolben nie so recht durchsetzte. Schon für Felix Wankel war das Abdichten eine der größten Herausforderungen.

"Das Prinzip weckte das Interesse der NSU-Geschäftsführung", sagt Ralf Friese, Unternehmens-Historiker bei Audi. 1957 lief ein erster Wankelmotor auf dem Prüfstand in Neckarsulm. Dabei war das Antriebskonzept keineswegs auf Autos beschränkt.

1962 kam es in einem Schleppgerät für Wasserski-Läufer zum Einsatz. Auch Boots-, Flug- und Motorradmotoren sowie Rasenmäher, Ski-Scooter, Feuerspritzen und Motorsägen verschiedener Hersteller liefen nach dem Prinzip Wankel.

Das erste Serienfahrzeug mit einem Einscheiben-Kreiskolbenmotor aber präsentierte NSU 1963 mit dem Wankel Spider auf der IAA in Frankfurt. 1964 lief die Produktion an. Heute ein gesuchter Oldtimer, war der offene Zweisitzer jedoch kein Verkaufserfolg. Nur knapp 2400 Einheiten wurden laut Audi in vier Jahren gebaut.

Ebenfalls im Jahr 1964 trat Mazda erstmals öffentlich auf den Plan und präsentierte auf der Tokyo Motor Show eine seriennahe Studie des Cosmo Sport 110 S, der am 30. Mai 1967 als weltweit erstes Serienauto mit Zweischeiben-Kreiskolbenmotor in Produktion ging.

Die Technik durften die Japaner auf Basis einer Vereinbarung nutzen. "1961 schloss Mazda einen Lizenzvertrag mit NSU", sagt Münzinger. Bis zum Produktionsende des RX-8 baute Mazda über die Jahrzehnte verschiedenste Wankel-Modelle –insgesamt über zwei Millionen Stück.

Darunter waren die Vorgänger der RX-Reihe, ein Reisebus, ein Pick-up und die Repräsentations-Limousine Roadpacer AP. Sportlicher Höhepunkt: 1991 gewann als bislang einziges japanisches Auto der Mazda 787B die 24 Stunden von Le Mans mit einem 700 PS starken Kreiskolbenmotor.

Andere Wankel-Lizenznehmer waren unter anderem Citroën, Alfa Romeo, Daimler-Benz, Nissan und Porsche. Sie setzten entweder Prototypen oder Kleinserien auf, bevor die Bemühungen in Sachen Kreiskolben sämtlich wieder aufgegeben wurden. Mercedes erprobte drei- und vierscheibige Kreiskolbenmotoren im Versuchsträger C 111. Auch Lada und General Motors experimentierten mit dem Antrieb. Und der Industrieverband Fahrzeugbau (IFA) in der DDR baute Prototypen auf Basis von Trabant und Wartburg.

Das bekannteste Auto mit Kreiskolbenmotor aber dürfte der NSU Ro 80 sein, der kurz nach dem Produktionsstart des Cosmo Sport 110 S nach fünfjähriger Entwicklungszeit auf der 1967er IAA vorgestellt und aufgrund der höheren Fertigungszahlen von knapp 37.400 Einheiten in zehn Jahren der größere kommerzielle Erfolg wurde.

Schon gleich nach seiner Premiere gab es Vorschusslorbeeren für das Modell, das heute als Design-Ikone gilt. Doch von Anfang an hatte es auch mit Motorproblemen und Defekten an den Dichtleisten zu kämpfen. Es war dennoch das erste deutsche Auto, das den Titel "Auto des Jahres" erhielt.

2008 bewies Mazda mit dem Mazda5 Hydrogen RE Hybrid, dass ein Wankelmotor auch mit Wasserstoff laufen kann. Zuletzt stellte Audi 2012 den A1 e-tron mit einem Wankelmotor als Reichweiten-Verlängerer vor –"nach dem Entschwinden des Ro 80 der einzige Einsatz in einem Audi", sagt Sprecher Josef Schloßmacher. Danach sei das Prinzip zugunsten von Plug-in-Hybrid und reinen batterieelektrischen Antrieben verworfen worden.

Aktuell ist Mazda allein auf weiter Flur. 2015 führte man dem Messepublikum in Tokyo den RX-Vision vor. Das flache Sportkonzept mit Wankelmotor unter der Fronthaube und Kraftübertragung über die Hinterachse könnte der Vorbote eines Serienfahrzeugs mit Kreiskolbenmotor sein. Laut Münzinger hat Mazda bereits ein neues Patent für einen "Wankelmotor als Primärantrieb" angemeldet. Ob es ein Sportwagen wird? "Da lässt sich noch nichts konkretisieren."

Schneller dürfte der Wankel als Generator im Hybridfahrzeug sein, das 2013 auf der Tokyo Motor Show auf Basis des Mazda2 gezeigt wurde. Ob es tatsächlich ein Kleinwagen, ein SUV oder anderes Fahrzeug wird, verrät der Sprecher nicht. Doch fest stehe der Zeitplan: Ab 2019 sei mit dem Hybrid-Auto mit Wankelmotor an Bord zu rechnen. (dpa/mer)

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