Fahrverbote für Dieselautos in Stuttgart: Dafür hat eine Entscheidung des Stuttgarter Verwaltungsgerichts nun den Weg freigemacht. Doch was heißt das konkret? Ab wann dürfen Diesel-Fahrer nicht mehr in die Stadt? Welche Typen sind betroffen? Und was bedeutet das für Autofahrer in anderen Städten? Matthias Knobloch vom ACE Auto Club Europa gibt erste Einschätzungen auf die wichtigsten Fragen.
Das müssen Autofahrer jetzt wissen
"Das Urteil bedeutet konkret, dass das Gericht schnell Taten sehen will und Versprechungen der Autoindustrie – 'man könnte...' –nicht akzeptiert wird", sagt Knobloch. Kommt es nicht zu anderen Übereinkünften, zum Beispiel auf dem sogenannten Diesel-Gipfel am 2. August in Berlin, könnten Konsequenzen rasch folgen.
Dann wäre laut ACE mit einer gewissen Umsetzungszeit ab 2018 in Stuttgart mit Fahrverboten zu rechnen. Allerdings: "Das Gericht selber legt hier kein Datum fest, sondern fordert eine schnellstmögliche Reduzierung der NOx-Emissionen."
Voraussichtlich werden die Fahrverbote alle Diesel mit der Abgasnorm Euro-5 und älter betreffen. Ob softwaremäßig nachgerüstete Autos ausgenommen bleiben, werde voraussichtlich davon abhängen, welche Verbesserungen hier tatsächlich zu erwarten sind.
"Hier liegen aber noch keine Erkenntnisse vor", sagt Knobloch: "Sollte sich in der Realität herausstellen, dass lediglich zehn Prozent Reduzierung erreicht werden können, wird dies sicher nicht ausreichen."
Selbst hier ist noch einiges unklar. Das hat auch mit den Abgastricksereien der Hersteller zu tun. "Sollte ein modernes Dieselfahrzeug im Realbetrieb trotz guter Messwerte deutlich zu hohe NOx-Werte haben, wäre auch theoretisch ein Fahrverbot für solche Fahrzeuge nicht auszuschließen", sagt Knobloch, der das allerdings für unwahrscheinlich hält.
Für die Praxis hieße das demzufolge, dass dann Euro-6-Fahrzeuge und auch ältere mit Katalysatoren nachgerüstete Diesel vermutlich nicht von Fahrverboten betroffen wären.
Das Stuttgarter Urteil hat Signalwirkung und könnte richtungsweisend für andere Urteile werden. "Es zeigt zumindest die Grundlinie auf, dass Gesundheit Vorrang vor freier Fahrt hat", sagt Knobloch. Allerdings ist in jeder Stadt die Situation individuell zu beurteilen.
"Es geht darum, dass lokal die Grenzwerte eingehalten werden". Das eröffnet anderen Städten grundsätzlich auch andere Lösungen für das Problem. "Klar ist allerdings, dass das Verbot von Dieselfahrzeugen die beste Lösung ist, um die Emissionen schnell zu reduzieren", sagt Knobloch.
Ein gesetzliches "Muss" gebe es hier nicht. Der ACE schätzt aber, dass die Städte die Fahrverbote angemessen ankündigen würden. "Da sie im Sinne der Bürger auch Ausweichlösungen, beispielsweise einen verbesserten oder vergünstigten öffentlichen Nahverkehr anbieten möchten."
Zum einen ist eine entsprechende Plakette denkbar. Ein andere Möglichkeit wäre, über das Autokennzeichen zu gehen. "Zumindest deutsche Autos könnten dann auch über eine automatische Kennzeichenerfassung kontrolliert werden", sagt Knobloch. Eine manuelle Erfassung sei bei der hohen Autoanzahl in der Stadt kaum denkbar.
Die EU hat für mehrere Luftschadstoffe Grenzwerte festgelegt. Werden diese überschritten, sind die Länder nach Bundesgesetz verpflichtet, Luftreinhaltepläne aufzustellen.
Diese müssen Maßnahmen enthalten, die geeignet sind, die Luftqualität dauerhaft so zu verbessern, dass die Grenzwerte eingehalten werden.
Stickstoffdioxid reizt unter anderem die Atemwege. Laut Umweltbundesamt ist das vor allem für Asthmatiker ein Problem, da Stickstoffdioxid dazu beiträgt, dass die Bronchien sich verengen. Es verstärkt Allergene, schädigt Schleimhäute und reizt die Augen.
Ist man Stickstoffdioxid länger ausgesetzt, kann es laut Bundesgesundheitsministerium die Lungenfunktion beeinträchtigen und zu chronischen Herz-Kreislauferkrankungen führen. (dpa)
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Grundsätzlich kann sich das der ACE etwa für Notärzte und andere wichtige Fahrzeuge vorstellen. Das werde aber sicher sehr streng gehandhabt. "Eine zu weiche Ausnahmeregelung würde dazu führen, dass die Ziele des Verbotes nicht erreicht werden." (dpa/mer)