In der Debatte um Luftverschmutzung in Städten will Baden-Württemberg Rechtsunsicherheiten bei der Verhältnismäßigkeit von Diesel-Fahrverboten höchstrichterlich klären lassen. Man wolle gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg vorgehen, sagte ein Sprecher des Landesverkehrsministeriums. Der VGH hatte der Stadt Reutlingen Diesel-Fahrverbote auferlegt und erklärt, dass der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter verbindlich sei. Nach dem Willen der schwarz-roten Bundesregierung sollen Fahrverbote aber in der Regel bereits dann unverhältnismäßig sein, wenn die NO2-Belastung im Jahresmittel 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreitet.
Damit will die große Koalition in Berlin die Folgen von Fahrverboten zur Luftreinhaltung in Städten möglichst gering halten. Mit dem jüngsten VGH-Urteil sieht sich Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in seiner Haltung bestätigt, dass das EU-Recht eine unmittelbare Gültigkeit habe: "Auf dieses Risiko habe ich immer hingewiesen." Sein Sprecher sagte, man wolle nun in der letzten Instanz, dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, klären lassen, ob die Regelungen des Bundes gegen EU-Recht verstoßen oder nicht. Der Bundesgeschäftsführer der Deutsche Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, wertete das VGH-Urteil als "Ohrfeige für die Bundesregierung".